FC-Astoria Walldorf und Bahlinger SC mit Stellungnahme und offenem Brief

Bahlinger SC will nach 6:2 Niederlage beim VfB Stuttgart II gewinnen
Werbung

Die geplante Wiederaufnahme des Spielbetriebs im Dezember stößt bei einigen Vereinen auf Widerstand beziehungsweise Unverständnis. Bereits gestern veröffentlichte der Vorsitzende des FC-Astoria Walldorf, Willi Kempf, folgende Stellungnahme über die Vereinswebsite:

Werte Mitglieder, werte Sponsoren und Freunde, werte Walldorfer,

hier einige Informationen bzw. meine persönliche Meinung zu den neuesten Entscheidungen für die Regionalliga Südwest, die ich Ihnen als Vorsitzender des FC-Astoria Walldorf e.V. nicht vorenthalten möchte.

Sportler möchten ihren Sport treiben, sind begeistert beim Training und Wettkampf. So auch unsere Fußballer. Sie freuen sich, wenn sie wieder Fußball spielen dürfen. Nun hat die Leitung der Regionalliga Südwest festgelegt, dass trotz der Corona Pandemie und der hohen Fallzahlen die Runde in der Regionalliga Südwest ab dem 12./13. Dezember wieder weitergehen soll. Die vier Landesregierungen, Hessen, Saarland, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg haben hierfür völlig unverständlich grünes Licht für die Weiterführung gegeben. Bisher war Rheinland-Pfalz dagegen, daher wurde im November auch nicht mehr gespielt. Das Land Baden-Württemberg hatte bereits Anfang November für die Amateurvereine in der Regionalliga das Trainieren und Spielen erlaubt, das war bereits eine Ohrfeige für die Personen, die die Pandemie ernstnehmen. Neun Amateurvereine haben in einer Stellungnahme an den Verband gebeten, den Spielbetrieb solange einzustellen, bis eine merkliche Besserung der täglich gemeldeten Neuansteckungen und der Fallzahlen eintritt. Die Antwort war, dass die Politik die Verantwortung hat und bestimmt, ob gespielt wird oder nicht und dass sich der Verband nach der Politik, in unserem Fall nach den Vorgaben des Kultur- und Sportministerium von Baden-Württemberg richten wird.

Unser Verein hat sich bisher freiwillig an die Vorgaben unserer Kanzlerin und unseres Ministerpräsidenten gehalten und hat seit dem 1. November das Training komplett eingestellt. Dass nun trotz der zusätzlich verschärften Bedingungen und der hohen Ansteckungszahlen von der Landespolitik die Genehmigung verlängert wird, ist für uns unverständlich und verantwortungslos. Durch die neuen, verschärften Verordnungen dürfen sich max. fünf Personen von zwei Haushalten bzw. an Weihnachten max. zehn Personen von zwei Haushalten treffen, um die Ansteckungsgefahr zu vermindern. Außerdem wurden die Speisegaststätten, Hotels und einige sonstige Einrichtungen geschlossen, um die Verbreitung der Pandemie zu unterbinden. Ich habe hierfür großes Verständnis, fühle mich als Vorsitzender für die Gesundheit unserer Spieler, dem Trainer- und Betreuerteam verantwortlich. Daher halten wir uns an die Vorgaben und empfehlen es allen Mitbürgern auch diese zu akzeptieren. Nur dass bei den großen verschärften Einschränkungen der Amateurfußball weiter betrieben werden darf, dafür habe ich beim besten Willen kein Verständnis. Die Spieler bei den Amateurvereinen, wie dem unsrigen trainieren nur abends, sind berufstätig, sind Lehrlinge, Studenten oder Schüler. Sie sind somit einer größeren Ansteckungsgefahr ausgesetzt als Spieler von Profimannschaften, die jeden Tag zwei-  bis dreimal trainieren und fast nur unter sich sind. Beim FC-Astoria soll nun mit Genehmigung unserer Landespolitik gespielt werden, mit den Auflagen, ohne Zuschauer, einen Schnelltest einen Tag vor dem Spiel durchführen, beim Auswärtsspiel nach Möglichkeit mit dem Privatauto zu fahren. Die Kosten sollen die Vereine, die schon keine Einnahmen haben, übernehmen. Hier werde ich prüfen lassen, inwieweit das Verursacherprinzip gilt. Gesundheit geht immer vor und ist das höchste Gut für uns Menschen. Dass man nun leichtfertig und verantwortungslos damit umgehen soll, übersteigt meine Vorstellungskraft und den Glauben in die Politik. Ständig müssen wir uns im Fernsehen die Aussagen von hochrangigen Politikern über die Gefährlichkeit der Corona Viren und deren Bekämpfung anhören und dann lassen sie uns im Regen stehen. Sieht so momentan die deutsche Politik aus? Oder hat sich die Politik soweit von den Mitbürgern entfernt? Nochmals, ich bin für die Verschärfung der Corona Maßnahmen und möchte mich auch daranhalten, wenn man mich lässt. Nur meine große Sorge ist, wie kann ich es unseren Mitmenschen plausibel erklären, dass die Corona Vorschriften nur für sie gelten und nicht für den Amateursport und mich? Bitte haben Sie Verständnis für meine Sorgen um die Gesundheit unserer Sportler und uns Verantwortliche.

Euer besorgter Vorstand,

Willi Kempf

Heute legte der Bahlinger SC nochmal nach und stellte einen offenen Brief an die Führung der Regionalliga Südwest GbR online. Auch hier stellen wir gerne den gesamten Brief im Wortlaut dar:

Werden die Amateurvereine der Regionalliga Südwest im Stich gelassen?

Die Fußball-Regionalliga Südwest, die beim DFB als höchste Amateurklasse bezeichnet wird, ist eine heterogene Liga. Sie setzt sich aus Profivereinen, U23-Mannschaften von Bundesligisten sowie Amateurvereinen, bei welchen Spieler, Trainer und Betreuungsteam einer weiteren Beschäftigung nachgehen, zusammen. Die Regionalliga Südwest GbR besteht aus 6 Landesverbänden aus 4 Bundesländern. Mit dem FC Bayern Alzenau ist dazu noch ein Verein aus Bayern dabei, der fußballtechnisch dem Hessischen Fußballverband zugeordnet wird. Bei dieser Konstellation ist es normal, dass bei den Vereinen unterschiedliche Interessen bestehen können.
In der Vergangenheit wurde dies in der Regel immer auf einen gemeinsamen Nenner gebracht, sodass alles gut funktionierte und man sich zum Schluss immer einigen konnte.
Durch Corona kam, wie in vielen anderen Lebensbereichen, einiges ins Ungleichgewicht. Aufgrund von rasant steigenden Infektionszahlen wurde auf Veranlassung der Bundeskanzlerin gemeinsam mit den Ländern für den Monat November ein Lockdown beschlossen, der neben vielen Geschäftszweigen auch den Amateurfußball betrifft. Der Trainings- und Spielbetrieb für Amateurmannschaften wurde ab dem 1.11. untersagt. Die Länder Saarland und Hessen haben ihre Regionalligavereine kurzerhand als Profivereine eingestuft. Baden-Württemberg hat eine Sonderregelung für die Regionalligavereine in die Corona-Schutzverordnung aufgenommen.
Einzig in Rheinland-Pfalz wurde den Regionalligavereinen der Trainings- und Spielbetrieb
untersagt. In der Regionalliga Südwest wurde beschlossen, den Spielbetrieb ab 1.11. auszusetzten und erst 14 Tage, nachdem alle Vereine wieder trainieren und spielen dürfen, die Saison fortzusetzen.
Am 12.11.2020 haben 9 Amateurvereine, darunter auch der Bahlinger SC, unter Federführung des TSV Steinbach Haiger eine gemeinsame Stellungnahme an die Regionalliga Südwest geschickt. Die wesentlichen Punkte in der Stellungnahme waren:
 Aussetzung des Spielbetriebs bis Ende Januar und Verlängerung der Saison bis Juli.
 Hinweis, dass oberste Priorität die Gesundheit aller Beteiligten haben sollte.
 Umsetzung der Forderungen der Politik, Medizin und Wissenschaft auf Kontaktminimierung.
 Hinweis, dass Spieler, Trainer, Betreuungsteam und Vereinsmitarbeiter täglich in Beruf,
Studium und Schule mit anderen Personengruppen in Verbindung kommen und so die
Kontakte weitaus höher sind als im Profifußball, was auf das Infektionsrisiko großen Einfluss
hat.
 Amateurvereine sind nicht in der Lage, die hohen Hygienestandards und regelmäßigen Tests
zu leisten, wie sie in der 1.-3.Liga durchgeführt werden.
 Hinweis auf die wirtschaftlichen Folgen für die Vereine bei Spielen ohne Zuschauer.
Auf diese gemeinsame Stellungnahme gab es nie eine umfängliche Antwort durch die
Regionalliga Südwest GbR. Sie wurde nicht einmal zur Diskussion gestellt.
1
In der Konferenz der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten der Länder am 25.11. waren sich alle einig, dass der eingeführte Lockdown nicht den gewünschten Erfolg gebracht hat. Es wurde beschlossen, dass viele Maßnahmen noch verschärft werden und die Kontakte insbesondere vor Weihnachten weiter reduziert werden sollen, damit an Weihnachten eine Lockerung möglich ist und Familien dieses Fest gemeinsam verbringen können.
In der Videokonferenz der Regionalliga Südwest am Freitag, den 27.11. sickerte durch, dass das Land Rheinland-Pfalz trotz der vorgesehenen Verschärfungen vermutlich die Freigabe für den Trainings- und Spielbetrieb in der Regionalliga erteilen wird, während für die Bevölkerung strengere Kontaktregeln gelten sollen. Somit wird für die Verantwortlichen der Regionalliga Südwest GbR der Weg freigemacht, unabhängig von den aktuellen Infektionszahlen den Spielbetrieb wieder aufzunehmen. Bei deren Entscheidungen spielt die Corona-Pandemie mit all ihren Gefahren keine Rolle. Hier geht es einzig und allein nur darum, eine Saison mit 42 Spieltagen, durchzupeitschen. So stehen für den Bahlinger SC mit den Spielen am Sonntag 13.12. beim FSV Mainz 05 II, am Mittwoch 16.12. zu Hause gegen die Spvgg Elversberg und am Samstag 19.12. beim FK Pirmasens vor Weihnachten noch 3 Spiele an.
Um die Infektionsgefahr zu reduzieren, müssen wir vor den Spielen eigenverantwortlich Schnelltests durchführen. Nach einer Schnelleinweisung muss ein Betreuer oder Physiotherapeut den Spielern, sowie dem Trainer- und Betreuerteam Abstriche vornehmen, die dann ausgewertet werden. Bisher war mir nur bekannt, dass Abstriche durch Ärzte vorgenommen werden sollten.
Wie verlässlich diese Tests sind, wenn sie nicht durch Fachpersonal durchgeführt werden, kann und will ich hier nicht beurteilen.
Die wirtschaftlichen Folgen für uns Vereine spielen bei der Entscheidung, dass ohne Zuschauer weitergespielt wird, bei den Verantwortlichen der Regionalliga Südwest GbR überhaupt keine Rolle. Sie werden mit keinem Satz erwähnt. In den Monaten Dezember und Januar sind 8 Spieltage angesetzt, die alle ohne Zuschauer ausgetragen werden müssen. Hätte man den Spielbetrieb um einen Monat verschoben, könnten ab März eventuell wieder Zuschauer zugelassen werden. Die vollen Kosten für den Spielbetrieb stehen an, hinzu kommen noch die Kosten für die Umsetzung der Hygieneregeln und der Tests. Die Einnahmen ohne Zuschauer gehen dagegen rapide zurück. Da kann sich jeder ausrechnen, was dem BSC, der in der vergangenen Saison bis zur Aussetzung der Saison im März einen Zuschauerschnitt von 1400 Zuschauern hatte, am Ende der Saison fehlen wird. Wenn wir keine Beihilfen aus dem Sportbereich und der
Politik für die Regionalliga Südwest erhalten, ist ein Verein wie der Bahlinger SC, der immer
solide gewirtschaftet hat und in dem viele Ehrenamtliche tätig sind, in Gefahr.
Als sehr wichtig ist mir, auf die Stellung des Fußballs in der Gesellschaft einzugehen. Es wurde schon viel Kritik geübt, dass im Profifußball von der 1.-3.Liga gespielt wird, obwohl Gaststätten, Fitnessstudios und vieles mehr geschlossen bleiben müssen. Dass in diesen Ligen gespielt wird, finde ich richtig und sehr wichtig. Durch die Fernsehgelder fließt viel Geld in den Fußball, das letztendlich auch den Verbänden und damit dem Amateurfußball zugute kommt. Auch darf nicht unterschätzt werden, dass ein übertragendes Fußballspiel gerade bei den geschlossenen Lokalen und den Kontaktbeschränkungen etwas Abwechslung ins Leben vieler Leute bringt.
2
Es werden jedoch nicht alle verstehen, wenn eine Amateurmannschaft wie der Bahlinger SC mit Spielern, Trainern und Betreuern, die am Tag davor noch in ihren Betrieben waren, wenige Tage vor Weihnachten im Bus noch nach Mainz oder Pirmasens fahren müssen. Durch die Umstrukturierung im DFB sollte als ein Ziel erreicht werden, den Fußball wieder näher an die Fans und an die Leute zu bringen. Mit den vor genannten Entscheidungen werden solche Bemühungen als Absurdum geführt. Der Fußball bleibt so in seiner Blase hängen. Die Folgen müssen wir Vereinsvorstände an der Basis vor Ort tragen.
Was ich aus den vielen Reden der Ministerpräsident-en/in der die Regionalliga Südwest
umfassenden Bundesländer Saarland, Rheinland-Pfalz, Hessen und Baden-Württemberg höre bzw. in der Presse lese, deckt sich nicht mit den Vorgaben der für den Sport zuständigen Ministerien. Auf Anfragen von uns Amateurvereinen gibt es entweder keine oder vorgefertigte Antworten, die ich hier besser verschweigen will. Wenn ich die Appelle an die Bevölkerung von unserem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, den ich übrigens sehr schätze, höre,
bekomme ich Angst, dass morgen die Welt untergeht. Es sollen am besten alle zuhause bleiben und die Kontakte auf null reduzieren. Die Ministerin für Kultus, Jugend und Sport macht dagegen den Weg frei, damit Amateurspieler kurz vor Weihnachten durch halb Deutschland fahren müssen. Man kann es nicht glauben, doch es entspricht der Wahrheit. Ich frage mich, ob dies in unserer Bevölkerung für die Akzeptanz zur die Einhaltung der Coronaregeln förderlich ist. Aus dem Handeln der Politik leite ich das Fazit ab: „Kontaktbeschränkungen steht über allem, sie gilt jedoch nicht für alle!“
Für mich, der über 30 Jahren in leitender Funktion, davon 22 Jahre als 1.Vorsitzender für den Bahlinger SC ehrenamtlich tätig ist, lassen sich viele Dinge nicht mehr logisch einordnen und nachvollziehen. Es bleibt die Frage offen: „Werden die Amateurvereine von der Politik und
der Regionalliga Südwest GbR im Stich gelassen?
Bahlingen, den 28.11.2020
Dieter Bühler
Vorstandsvorsitzender
Bahlinger SC

Eine Antwort der Regionalliga Südwest GbR steht noch aus.

Werbung

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein